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Donald Trumps Grossvater kommt aus Ramstein

Donald Trump Pfalz Deutschland
Donald Trumps Grossvater ist ursprünglich aus Kallstadt in Deutschland. Bild: watson/keystone

Zieht Trump bald US-Truppen ab? Für die Pfalz wäre das eine Katastrophe

Im Kalten Krieg galt die Region im Südwesten Deutschlands als «grösster Flugzeugträger der Nato». Nun droht Washington, Truppen nach Ungarn zu verlegen. Doch in Ramstein gibt man sich gelassen.
17.03.2025, 20:1017.03.2025, 20:10
Hansjörg Friedrich Müller, Ramstein und Kaiserslautern / ch media
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Wer an die Pfalz im Südwesten Deutschlands denkt, dürfte meist Weinberge vor dem inneren Auge sehen, eine sonnige Landschaft mit sanften Hügeln, vielleicht auch den Kanzler Kohl, einen robusten Gemütsmenschen, der hier Besucher wie Margaret Thatcher oder Michail Gorbatschow empfing und im «Deidesheimer Hof» mit Saumagen traktieren liess, einer währschaften Spezialität der Region.

epa05116117 A genereal view down a street in Kallstadt, Germany, 21 January 2016. The grandparents of US billionaire and republican presidential hopeful Donald Trump came from Kallstadt. EPA/UWE ANSPA ...
Eine Strasse in Kallstadt, Deutschland. Bild: EPA/DPA

Wer an die Pfalz denkt, denkt in vielen Fällen aber auch an Amerika. Auch wenn Wein, Obst und Gemüse gediehen, war der Landstrich doch lange Zeit arm und damit ein Auswanderungsland. Der angehende Coiffeur Friedrich Trump verliess 1885 das Weinbauerndorf Kallstadt, um sich nach New York einzuschiffen; sein Enkel sitzt nun im Weissen Haus.

Heute leben mehrere zehntausend Amerikaner in der Pfalz. Als «grösster Flugzeugträger des Westens» wurde die Gegend im Kalten Krieg bezeichnet. Die Air Base in Ramstein ist der grösste amerikanische Luftwaffenstützpunkt ausserhalb der USA. Donald Trump will das möglicherweise ändern. Der Präsident plane, US-Truppen nach Ungarn zu verlegen, hiess es Anfang März, ins Reich Viktor Orbáns, der ihm weltanschaulich nähersteht als die meisten Berliner Politiker.

Im Club traten Ella Fitzgerald und Count Basie auf

Wer nach Ramstein will, muss die heitere Vorderpfalz verlassen und hineinfahren in den Pfälzerwald. Der Weg führt durch dunkle Täler; Burgruinen aus rotem Sandstein liegen auf den Bergrücken. Dann tauchen Kasernen auf: Kaiserslautern oder «K-Town», wie es im Slang des US-Militärs heisst. Die Stadt hat 100'000 Einwohner, hinzu kommen rund 40'000 Amerikaner in der gesamten Region.

Zehn Kilometer von Kaiserslautern entfernt, am Ortsrand von Ramstein, stehen drei rote Container. Sie beherbergen das «Docu Center», ein kleines Museum, das der amerikanischen Präsenz am Ort gewidmet ist. Jens Pakenis, ein junger Historiker, leitet die Einrichtung, und weil er erst seit kurzem hier ist, steht Claudia Gross ihm zur Seite. Mit einem Amerikaner verheiratet, verschlug es die Kunsthistorikerin vor über zwanzig Jahren nach Ramstein; im «Docu Center» wirkt sie seit dessen Anfängen mit.

Dass sich die Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg hier niederliessen, also nicht in ihrer eigenen, sondern in der französischen Besatzungszone, habe drei Gründe gehabt, erklärt Pakenis. Westlich des Rheins hätten sie sich sicherer gefühlt als in der Nähe der sowjetischen Zone. Die Reichsautobahn hätten sie als behelfsmässigen Landeplatz nutzen können, und Depots für Munition und Gerät seien reichlich vorhanden gewesen, denn die Nazis hätten weite Teile des Pfälzerwaldes unterkellert.

Der Dollar war stark, die Amerikaner zahlten gut

Die Geschichte, die Gross und Pakenis erzählen, handelt von anfänglichem Misstrauen, vorsichtiger Annäherung, echter Zuneigung und zunehmender, wenn auch wohlwollender Distanz. Dass die Amerikaner einigen Bauern die Äcker nahmen, sorgte anfangs für böses Blut im Ort. Doch die Air Base bot gute Verdienstmöglichkeiten für Deutsche, gerade auch für Ungelernte. Der Dollar war stark, die Amerikaner zahlten gut.

Einer der roten Container ist dem NCO-Club gewidmet, dem Treffpunkt der Unteroffiziere. Auch Deutsche durften ihn besuchen. In den 50er- und 60er-Jahren traten dort Stars des Jazz wie Ella Fitzgerald und Count Basie auf – und übten auf die örtliche Jugend eine ungeheure Faszination aus. «Die kannten ja nur Marschmusik», sagt Claudia Gross.

Casino visitors play at the slot machines at the Grand Casino Baden in Baden in the canton of Aargau, Switzerland, pictured on February 29, 2012. (KEYSTONE/Gaetan Bally)

Casino-Besucherinnen spielen  ...
Eine Spielautomat in einem Casino.Bild: KEYSTONE

Die Gagen der Musiker wurden durch den Betrieb von «einarmigen Banditen» finanziert, Spielautomaten, an denen die GIs ihren Sold verzockten. In den 70er-Jahren sorgten christliche Frauenvereine dafür, dass die Automaten verschwanden, und der Niedergang des Clubs begann.

Früher konnte man mit dem Velo auf die Air Base fahren

In den Anfangsjahrzehnten, sagt Jens Pakenis, seien Wehrpflichtige nach Ramstein gekommen, junge Männer, die oft zum ersten Mal von zu Hause fort waren und den Kontakt mit jungen Deutschen suchten. Heute, da die US-Armee aus Berufssoldaten bestehe, kämen ältere, oft verheiratete Leute. Und die blieben eher unter sich, zumal auf der Air Base eine eigene kleine Stadt entstanden ist, deren 15'000 Bewohner alles finden, was sie brauchen: Supermärkte, Restaurants, Kinos und Bowlingbahnen.

Auch die Sicherheitsmassnahmen wurden mit den Jahren schärfer: Konnten deutsche Jugendliche anfangs noch mit dem Velo auf die Air Base fahren, ist diese seit den frühen 80er-Jahren mit Stacheldraht umgeben. Ein Sprengstoffattentat der linksextremen Rote Armee Fraktion im August 1981, bei dem zahlreiche Soldaten verletzt wurden, hatte die Amerikaner vorsichtiger gemacht.

Die Anschläge vom 11. September 2001 brachten eine weitere Zäsur: Gäste auf die Air Base mitzubringen, ist seither deutlich schwieriger. Auch für Journalisten ist es nicht mehr so einfach, das Gelände zu betreten: «DENIED», «abgelehnt», heisst es in grossen roten Lettern in der Standard-Mail, mit der Anfragen abschlägig beschieden werden.

Joachim Felka hat sechseinhalb Jahre auf der Air Base gelebt, als einer von rund 500 europäischen Nato-Soldaten, die dort in der Regel wohnen. Heute ist Felka, der 34 Jahre lang als Berufssoldat bei der Bundeswehr tätig war, pensioniert. Nun sitzt er in einer schmucklosen Gaststätte im Gewerbegebiet von Ramstein.

Wer ein Spital baut, zieht wohl nicht so schnell ab

Am 28. August 1988 wäre er beinahe mit seiner Frau und seiner Tochter auf der Air Base gewesen, erzählt Felka, nur seine ehrenamtliche Tätigkeit als Fussballtrainer habe ihn davon abgehalten. Es war Flugtag in Ramstein, für viele in der Region ein Volksfest mit Ice Cream, Hotdogs, Bier und Zuckerwatte. Drei Jets der italienischen Kunstflugstaffel «Frecce Tricolori» kollidierten an jenem Sonntag in der Luft und stürzten in die Menge; 70 Menschen starben, rund tausend wurden verletzt.

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Ein US Air Force F-35 Kampfjet.Bild: keystone

Seither ist es vorbei mit den Flugtagen; einer, wenn nicht der zentrale Anlass, an dem sich Deutsche und Amerikaner begegneten, verschwand. Gelegenheiten, an denen man sich treffen könne, gebe es aber noch immer genug, meint Felka, ob es nun das Oktoberfest sei oder das gemeinsame Weihnachtssingen: «Eine Insel der Seligen», meint der Pensionär.

Der Name Trump fällt in Ramstein eigentlich nur, wenn man die Leute auf ihn anspricht. «Er ist demokratisch gewählt, man muss mit ihm umgehen», sagt Felka. Eines ärgere ihn: «Viele Journalisten kommen hierher und versuchen, das deutsch-amerikanische Verhältnis negativ darzustellen.» Dabei gebe es nicht einmal ansatzweise Probleme. Und wenn doch einmal gegen die Präsenz der Amerikaner demonstriert werde, reisten die Teilnehmer aus Grossstädten wie Hamburg, Berlin oder Leipzig an.

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Eine Darstellung des Präsidenten auf dem Düsseldorfer Karneval.Bild: keystone

Nah und doch fern scheint die Air Base den meisten Ramsteinern mittlerweile zu sein. Amerikaner sehe man kaum in der Stadt, sagt eine Passantin, zumindest nicht in Uniform. Einige Jahre lang war es den Soldaten sogar verboten, die Air Base anders als in ziviler Kleidung zu verlassen. Ihre Autos haben mittlerweile deutsche Kennzeichen: Diskretion ist in Zeiten des globalen Terrorismus das Gebot der Stunde.

«Mit Herrn Trump haben wir eine gewisse Routine»

Zurück in Kaiserslautern, in einem Bürogebäude am Rand der Innenstadt, ist Ralf Lessmeister damit beschäftigt, Medientermine abzuarbeiten. «Mit Herrn Trump haben wir eine gewisse Routine», sagt Lessmeister und lächelt:

«Abzüge hat er schon in seiner ersten Amtszeit angekündigt, doch dann wurden nur einige wenige Truppen nach Polen verlagert.»

Lessmeister ist Landrat des Kreises Kaiserslautern; würde der US-Präsident seine Drohungen wahr machen, wäre dies für seine Region eine Katastrophe. Die Amerikaner seien hier «mit der wichtigste Wirtschaftsfaktor» und brächten rund zwei Milliarden Euro im Jahr ein.

Sonderlich beunruhigt scheint der Landrat aber nicht zu sein: Wenige Kilometer von der Air Base entfernt, in Weilerbach, entstehe gerade das grösste amerikanische Militärspital ausserhalb der USA, für mehr als eine Milliarde Dollar. Wer so viel investiere, der ziehe nicht einfach ab.

Alle sechs bis acht Wochen trifft Lessmeister amerikanische Generäle zum Jour fixe. Über Trump wird offenbar auch dann kaum geredet: «Alle US-Soldaten müssen sich apolitisch verhalten», sagt der Landrat. «Alles andere wäre ein Entlassungsgrund.»

Es ist normal geworden, und so soll es auch bleiben

So schrumpft das deutsch-amerikanische Verhältnis auf alltägliche Probleme zusammen: die deutsche Mülltrennung, die man den Amerikanern beibringen müsse. Oder GIs, die mit Testosteronüberschuss aus dem Einsatz zurückkämen und in der Disco randalierten. «Aber alles in allem ist das Verhältnis sehr gut.»

Fragt man Lessmeister, wie er die Amerikaner in seiner Kindheit und Jugend in den 70er- und 80er-Jahren erlebt habe, beginnen seine Augen zu leuchten: Damals habe er «die Reize der amerikanischen Lebensart» kennengelernt, sagt der drahtige, sportlich wirkende Mann, darunter Basketball, Baseball und Eishockey. «Wir bastelten uns selbst die Schläger oder bekamen gebrauchte von den Amerikanern geschenkt.» Heutige Jugendliche in der Region erlebten das wohl nicht mehr so.

So scheinen Deutsche und Amerikaner in der Pfalz nach über 70 Jahren zusammenzuleben wie manch altes Ehepaar: Harmonisch, doch ohne sich noch allzu sehr füreinander zu interessieren. Es ist normal geworden, und so soll es nach dem Willen der meisten Einheimischen auch bleiben. (aargauerzeitung.ch/nib)

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30 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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butlerparker
17.03.2025 20:23registriert März 2022
Der angehende Coiffeur Friedrich Trump ist vor allem vor dem Militärdienst,zu dem er einberufen wurde,in die USA geflüchtet..Als er auf Drängen seiner Frau nach D zurückkehrte,wurden sie als unerwünschte Personen aus D ausgewiesen+mussten in die USA zurück.Daher auch sein Hass auf D.Diese "Tradition", sich vor dem Militärdienst in jeglicher Weise zu drücken,hat die Familie Trump bis jetzt eingehalten,aber dann einen Kriegsheld wie Senator McCain,der in Gefangenschaft von den Vietkomg gefoltert wurde+bis zum Tod darunter gesundheitlich litt,verunglimpfen,dass er,also DT keine Gefangenschaft mag
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Sandlerkönig Eberhard
17.03.2025 23:53registriert Juli 2020
„Wer so viel investiere, der ziehe nicht einfach ab.“

Ich frage mich, wie man tatsächlich immer noch so dermassen naiv und dumm sein kann und einfach nicht einsehen will, dass sämtliche auch nur ansatzweise logische Argumentationen bei Leuten wie Trump völlig hinfällig sind.

Ist es Angst und daraus resultierende Verleugnung der Realität? Oder doch Naivität und Dummheit?

Erinnert mich ein bisschen an den Artikel, der aussagt, dass „der böse Verdacht aufkommt, Trump und Putin würden gemeinsame Sache machen“. Nein echt jetzt😱😱😱? In welcher Realität leben eigentlich diese „Experten“?
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